DAS
STRAHLUNGSFENSTER UND ANDERE BESONDERHEITEN DES ERDKLIMASYSTEMS:
Über
den
vertikalen Energietransport in der Atmosphäre und seine
Auswirkungen auf das
Klima
Wolfgang Brune
Früherer
Geschäftsführer des Instituts für Energetik
und
Umwelt, Leipzig (Deutschland)
((Original in
Englisch, Roh-Übersetzung ins Deutsche durch den
Autor))
Zusammenfassung
Der vertikale
Energietransport in
der Erdatmosphäre erfolgt klimawirksam im Prinzip durch
Strahlung oder
Konvektion. Unter Beachtung des Schwarzschild-Kriteriums besteht die
Gesamtwirkung in einer ganz eigentümlichen
Mischung von Strahlung und
Konvektion.
Schlüsselwörter
Atmosphärisches
Fenster,
Klimasystem, Energietransport, untere Strahlungszone,
Strahlungs-Sperrschicht,
Schwarzschild-Kriterium
1. Das
infrarote Strahlungsfenster bei klarem Himmel
Das infrarote
Strahlungsfenster
(ca. 8 – 12 µm) spielt eine bedeutsame Rolle in der
Wärmeabfuhr von der
Erdoberfläche (gesamt ca. 240 W/m²; alle mittleren
Zahlenangaben für die
Strahlung nach Trenberth, 2009). Die Wirkungen durch das Fenster werden
weniger
durch die mittlere Strahlungsintensität, sondern mehr durch
die Modalität der
Wärmeabfuhr bestimmt. Infrarote Strahlung von der
Erdoberfläche kann
unmittelbar in das All gelangen, wenn der Himmel klar oder teilweise
bedeckt
ist. Die Wärmeabfuhr ist für
Oberflächenstrahlung außerhalb des infraroten
Fensters jedoch nicht gegeben.
Wo der Himmel
vollständig von
Wolken bedeckt ist, ist folglich auch das atmosphärische
Strahlungsfenster für
Strahlung vollständig geschlossen. Das heißt jedoch
nicht, dass es dann keinen
vertikalen Energietransport durch die Atmosphäre
gäbe: er findet durch
Konvektion statt. Innerhalb des Wellenlängenbereichs des
infraroten Fensters
generiert die Bildung von Gewitterwolken (die sich aus den Haufenwolken
nach
oben entwickeln) einen effektiven materie-gebundenen Mechanismus, der
den
vertikalen Energietransport ermöglicht, insbesondere in der
heißen und feuchten
Tropenregion. Im Mittel werden ca. 40 W/m² über
diesen Wolkenweg ins All
abgestrahlt.
Während
durch die Gewitterwolken
die Energie materie-gebunden nach oben transportiert wird, werden
zusätzlich im
Mittel ca. 23 W/m² seitlich in die Troposphäre
abgestrahlt. Dieser Wärmefluss
vereinigt sich mit dem Teil der solaren Strahlungszufuhr, der in der
Atmosphäre
absorbiert wird (79 W/m²), steigt mit ihm materie-gebunden auf
und erreicht
damit die Abstrahlungshöhe.
2. Die
infrarote Strahlungs-Sperrschicht in der
Atmosphäre
Es ist
erfahrungsgemäß klar, dass
Strahlung in den Wellenlängen außerhalb des
Strahlungsfensters die Troposphäre
nicht durchdringen kann – weder von unten (als
Wärmeabstrahlung von der
Erdoberfläche) noch von oben (indem der Erdoberfläche
Wärme hinzugefügt wird).
Da die Hauptelemente der Luft (Stickstoff und Sauerstoff) keine solche
Strahlungsbarriere
bilden können, muss sie aus IR-strahlungs-aktiven Elementen
der Atmosphäre gebildet
werden. In erster Linie betrifft das solche infrarot-aktiven Spurengase
wie
Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid und Methan. Dann spielt aber auch das
Flüssigwasser der Wolken eine signifikante Rolle. Es
verändert vollständig die
Strahlungseigenschaften der Erdatmosphäre, unter anderem durch
Bildung einer
wirksamen Strahlungsbarriere. Die horizontale Unterseite der
Haufenwolken, die
infolge von aufsteigenden Luftpakten, die Wasserdampf mit sich
führen und dann
kondensieren, gebildet wird, formen eine wohl-definierte Schicht (immer
in etwa
in vergleichbaren Höhen in einer gegebenen Region), die
infrarote Strahlung –
unabhängig von ihrer Ursprungsrichtung – absorbieren
kann. Die
gravitations-beeinflusste Schichtung des Flüssigwassers
führt an der Unterseite
der Haufenwolken zu relativ konstanten Temperaturen (in Folge der
Dichteanomalie von Wasser, die zum Beispiel in der Schichtung von
stehenden
Gewässern im Winter beobachtet werden kann). Folglich kann
dieser
Flüssigwasserschicht in der Atmosphäre eine
Temperatur von ca. 277 K zugeordnet
werden, s. auch Brune, 2015, S. 17 f.
Die Unterseite
der Haufenwolken
erscheint normalerweise in einer Höhe in der
Größenordnung von etwa 1 km, bei
der die Atmosphärendichte noch ausreichend hoch ist, damit
angeregte
infrarot-aktive Moleküle in energetisch niedere
Zustände eher durch
Zusammenstöße als durch Strahlung übergehen
können. Dabei können sie auch die
Temperatur ihrer Umgebung annehmen, was die Absorptionsfunktion von
Flüssigwasser verstärkt und besonders bedeutsam ist,
wenn der Himmel klar ist.
Strahlungsbilder, die die lokale Emission von Infrarot-Strahlung von
oben in
Richtung Erdoberfläche zeigen, weisen außerkalb der
Wellenlängen des Fensters
immer auf annähernd die gleiche Emissionstemperatur hin
– gleichgültig, ob
Wolken vorhanden sind oder nicht. Das trifft sowohl für die
linke Seite als
auch die rechte neben dem Fenster zu. Ganz anders innerhalb des
Strahlungsfensters.
Bild 1 zeigt schematisch diese mittlere Nach-unten-Strahlung innerhalb und außerhalb der Wellenlängen des Fensters. Die globale mittlere Abwärtsstrahlung, bei einer mittleren Wolkenbedeckung von ca. 60%, wird durch die mittlere Kurve innerhalb des Strahlungsfensters repräsentiert. Außerhalb des Fensters ist die mittlere Planck-Muster-Kurve (bei einer Temperatur von ca. 277 K) repräsentativ. Hier kann keine infrarote Strahlung die Atmosphäre passieren (der vertikale Energietransport erfolgt konvektiv anstatt radiativ). Das bedeutet zugleich: Der maximale Wert der optischen Dicke an dieser Stelle ist so groß, dass der Durchgang der gesamten infraroten Strahlung durch die Atmosphäre gestoppt wird.
Bild
1: Schematische Darstellung der mittleren Abwärtsstrahlung. Im Zentrum
ist eine Plancksche Musterkurve bei T = 277 K dargestellt. Innerhalb
des
Strahlungsfensters (8 – 12 µm) sind
Abwärts-Strahlungs-intensitäten schematisch
in zwei Höhenlagen wiedergegeben: am Grund bei klarem Himmel
mit einer
Intensität von etwa null, darüber bei partieller
Bewölkung. Diese beiden Kurven
unterscheiden sich deutlich von der Musterkurve (bei völlig
bedecktem Himmel).
Links laufen die Kurven zusammen, als eine einzige Kurve, und liegen
ganz dicht
an der Planckkurve – völlig unabhängig von
der Bewölkung. Rechts ergibt sich
dasselbe Bild.
3.
Die untere
Strahlungszone in der Troposphäre
Die oben
beschriebenen Überlegungen
sind noch einmal schematisch in Bild 2 zusammengefasst. Das
Erdklimasystem
besteht danach aus drei diskreten Strahlungsquellen: der
Erdoberfläche, der
Strahlungsbarriere und der Abstrahlungsschicht in das All. Diese
Schichten
umfassen die Erdkugel als konzentrische Kugelhüllen und
können zu unserer Zeit
mit mittleren Temperaturen von ca. 289 K, ca. 277 K und ca. 255 K
charakterisiert
werden. Entsprechend dem Stefan-Boltzmann-Gesetz können daraus
die folgenden
Strahlungsintensitäten ermittelt werden: 396 W/m²
(nach oben emittiert); 333
W/m² (nach unten emittiert) und 240 W/m² (nach oben,
in das All emittiert).
Wenn die mittlere Strahlungsintensität von der
Erdoberfläche innerhalb der
Wellenlängen des IR-Fensters (63 W/m²) von der
mittleren
Gesamt-Strahlungsintensität der Oberfläche (396
W/m²) subtrahiert wird, ergibt
sich eine nach oben gerichtete Bodenstrahlung außerhalb des
IR-Fensters von
(396 – 63) W/m² = 333 W/m². Das ist der
gleiche Betrag, der von der
Strahlungsbarriere nach unten gerichtet ist. Folglich sind im Bild
beide
Strahlungspfeile von gleicher Größe.
Die optische
Dicke (als t
bezeichnet) auf der rechten Seite des
Bildes 2 wird
normalerweise von oben nach unten angegeben. Daher kennzeichnet der
Wert am
oberen Rand der Strahlungsschicht, mit 0 bezeichnet, die Strahlung, die
ins All
emittiert wird (wie oben festgestellt mit einer mittleren
Intensität von 240
W/m², wobei davon 40 W/m² über die
Gewitterwolken transportiert werden1)).
Nach unten zu wächst die optische Dicke in
Übereinstimmung mit dem wachsenden
Wassergehalt in der Troposphäre und mit der wachsenden
Luftdichte an.
Entsprechend verringert sich die pseudo-adiabatische
Temperatursenkungsrate. In
Abstrahlungshöhe ist sie in Übereinstimmung mit dem
Schwarzschild-Kriterium
gleich der trocken-adiabatischen Senkungsrate. Hier enthält
die Atmosphäre kein
Wasser mehr, ist also trocken.
Die
optische Dicke erreicht in Höhe der IR-Strahlungsbarriere
ihren maximalen Wert;
er repräsentiert die vollständige
Strahlungsundurchlässigkeit der
Atmosphäre für
infrarote Strahlung (außerhalb der Wellenlängen des
IR-Strahlungsfensters).
Der
Raum zwischen der Strahlungsbarriere und der Erdoberfläche
wird von der unteren
Strahlungszone der Atmosphäre eingenommen. Hier kann keine
monoton anwachsende
oder monoton abnehmende optische Dicke definiert werden. Innerhalb
dieser Zone
sind die Strahlungsintensitäten von oben nach unten und
umgekehrt von gleicher
Größe und gleichen Ursprungs; sie kompensieren sich.
Der resultierende
Eddington-Fluss liegt bei etwa null – es kann keine Energie
mittels Strahlung
transportiert werden, weder aufwärts noch abwärts. S.
dazu auch Fortak, 1982,
S. 26: „Der ‚Kreislauf‘ der langwelligen
Strahlung zwischen Erdoberfläche und
Atmosphäre trägt nicht zur Aufwärmung des
Systems bei.“ (Übersetzung ins
Englische durch den Autor)
Es
muss betont werden, dass über das gesamte Klimasystem
betrachtet und im
zeitlichen Mittel das
Kohlenstoffdioxid in der unteren
Troposphäre einen integralen Bestandteil der mittleren
Abwärtsstrahlung von 333
W/m² bildet und daher keine Rolle bei einer
zusätzlichen Aufwärmung der
Erdoberfläche spielen kann (sozusagen zusätzlich zur
Sonne). Jedoch der
Wasserdampf, der in der Troposphäre vorhanden ist, wirkt
unzweifelhaft auf das
Temperaturregime in der Atmosphäre. Die damit verbundene
Kondensation verändert
die Temperatursenkungsrate und die mittlere Abstrahlungshöhe
in der Atmosphäre –
was einen direkten Bezug zum Wärmetransfer in der
Atmosphäre herstellt.
1) Nachträgliche
Ergänzung durch den Autor:
Man kann vereinfacht annehmen, dass im Fall von 2/3 durchschnittlicher globaler Wolkenbedeckung etwa 1/3 der Bodenstrahlung innerhalb der Wellenlängen des IR-Strahlungsfensters ungehindert – durch die Wolkenlücken hindurch – direkt ins All abstrahlen können, während 2/3 der ursprünglichen Bodenstrahlung materie-gebunden in den Gewitterwolken nach oben transportiert werden. Davon werden dann je etwa zur Hälfte von den Gewitterwolken seitlich in die obere Troposphäre bzw. oben am Rand der Troposphäre ins All abgestrahlt.
Bild
2: Schematische Darstellung der
grundlegenden Schichten im Erdklimasystem. Die
optische Dicke erreicht ihren Maximalwert an der IR-Strahlungsbarriere,
nicht
an der Erdoberfläche. Es gibt eine besondere Strahlungszone
zwischen der
Erdoberfläche und der IR-Strahlungsbarriere, in der kein
vertikaler
Energietransport stattfinden kann. Es kann hier keine optische Dicke
definiert
werden. Die Strahlungsdifferenz zwischen der Erdoberfläche
(ca. 289 K) und der
IR-Strahlungsbarriere (ca. 277 K) verlässt diese Zone und
gelangt direkt ins
All (bei klarem Himmel).
Nachbemerkung
Das
Betriebsregime im Erdklimasystem wird wesentlich durch Wasser
beeinflusst,
wobei die Zustandsänderungen zwischen Gas und
Flüssigkeit eine große Rolle
spielen. Wenn der feste Aggregatzustand ebenfalls in Betracht gezogen
wird,
können solche langzeitigen Klimaprozesse, wie sie aus dem
Eiszeitalter des
Pleistozäns bekannt sind, generiert werden.
Literatur
Brune,
W., (2015), Ratgeber Klima. CO2 ist
Begleiterscheinung des Klimas, nicht Ursache. EAGLE Leipzig.
Fortak,
H., (1982), Meteorologie, 2. Aufl. Berlin.
Trenberth.
K.E. et
al.., (2009) Earth´s global energy budget, Bulletin of the
American
Meteorological Society, 90, S. 311-323.